Bedenken Sie folgendes, wenn Sie im Leid versucht werden

Satan zeigt der Seele die Kreuze, Verluste, Schande, Sorgen und Leiden, die täglich jene treffen, welche in den Wegen der Heiligkeit wandeln. Er spricht:

„Seht ihr denn nicht, dass es niemanden auf der Welt gibt, der so aufgerieben, geplagt und gebeutelt wird wie jene, die umsichtiger und heiliger als deren Nachbarn wandeln? ZU Hause sind sie ein Spottlied und draußen eine Schande; ihr Elend kommt wie durch die Boten Hiobs über sie, eines nach dem anderen, und ihre inneren Leiden haben kein Ende. Deshalb wäre es für sie besser auf den Wegen zu wandeln, die sich als weniger mühselig und weniger betrüblich erweisen, selbst wenn sie sündhafter sind. Denn wer anders als ein Verrückter möchte seine Tage in Leid, Beunruhigung und Bedrängnis verbringen, wenn sich dies verhindern lässt, indem man jene Wege beschreitet, die ich vorstelle?“

1. Bedenken Sie ernsthaft, DASS ALLE ZÜCHTIGUNGEN, WELCHE LEUTEN GOTTES BEGEGNEN, SOLCHERMASSEN GESTALTET SIND, DASS SIE SICH ZU DEREN NUTZEN UND VORTEIL HERAUSSTELLEN

Sie sollen jene Schmutzigkeit und Widerwärtigkeit in der Sünde entdecken, welche die Seele bis dahin nie gesehen hat. 

Ein deutscher Theologe (Caspar Olevanus, 1586) sprach in seiner Krankheit: „In diesem Leiden lernte ich, wie groß Gott und was das Böse der Sünde ist; vorher wusste ich nie, zu welchem Zweck es Gott gab, noch, was Sünde bedeutete.“

Züchtigungen sin dein Kristallglas, worin die Seele das hässliche Gesicht der Sünde am deutlichsten erkennt. Durch dieses Glas gelingt es der Seel zu sehen, das Sünde nichts als eine bittere Süßigkeit ist; ja, durch dieses Glas erkennt sie auch, dass Sünde nicht nur böse, sondern die größte Bösartigkeit der Welt, böser als die Hölle selbst ist.

Nochmals, sie sollen das Abtöten und das Abwaschen ihrer Sünden bewirken (s. Jesaja 1,16; 27,8-9). Züchtigungen sind Gottes Schmelzofen, wodurch er die Seinen von ihrer Schlacke reinigt. Züchtigung ist jenes Feuer, das unsere Schlacke hinausbefördert und unsere Tugend erstrahlen lässt; sie ist ein Trank, um krankhafte Launen zu beseitigen, und wirkt besser als alle gesegneten Heilmittel-, wie Ärzte es bezeichnen. Aloe tötet Würmer; Kälte und Frost vertilgen Insekten; genauso zerstören Züchtigungen die Bösartigkeiten, welche in unseren Herzen schlummern. Die Juden heilten trotz des heftigen Drängens der Propheten an ihren Götzen fest; doch wurde beobachtet, dass nach der babylonischen Gefangenschaft keine Götzen unter ihnen zu finden waren. 

Wiederum, Züchtigungen sind süße Bewahrungen, um die Heiligen von der Sünde abzuhalten, welche sich als größeres Übel als die Hölle selbst erweist.

Als Hiob sprach: „Denn zu Gott muss man sagen: Ich habe meine Strafe getragen und will nicht mehr verkehrt handeln; was ich nicht sehe, lehre du mich; wenn ich Unrecht getan habe, so will ich es nicht mehr tun! … Ich habe einmal geredet und konnte nichts antworten, und noch ein zweites Mal, und ich will es nicht mehr tun!“ (Hiob 34,31-32; 40,5)

Das verbrannte Kind fürchtet das Feuer. „Ach!“, sagte die Seele unter der Rute, „Sünde ist nichts als etwas Bittersüßes; und für die Zukunft beabsichtige ich durch die Kraft des Christus, für die Buße nie wieder einen so teuren Preis zu bezahlen.“ Um ihre Schüler vor der Sünde abzuschrecken, pflegten die Rabbiner zu sagen, dass diese bei Gott Kopfschmerzen verursache. Und Heilige, die die Rute spürten, erlebten durch traurige Erfahrung, dass Sünde nicht nur zu Kopfschmerzen führte, sondern auch in ihrem Herzen weh tat.

Als Augustinus von seinem Weg abwich, entkam er einem, der ihm auflauerte, um ihm etwas Böses anzutun. Wenn Züchtigungen uns nicht von unserem Weg abbringen, würden wir viele Male auf einige Sünden stoßen, welche in unseren wertvollen Seelen Unheil anrichten können.

Abermals, sie bewirken, dass die Heiligen in der Heiligkeit mehr Frucht bringen.

„Denn jene haben uns für wenige Tage gezüchtigt, so wie es ihnen richtig erschien; er aber zu unserem Besten, damit wir seiner Heiligkeit teilhaftig werden.“ (Hebräer 12,10)

Nach einem Regenschauer duften die Blumen am süßesten; Weinstöcke tragen am besten, wenn sie beschnitten werden; der Walnussbaum bringt am meisten Frucht, wenn er wettergegerbt ist. Heilige wachsen und gedeihen innerlich am Besten, wenn sie äußerlich gezüchtigt werden. Einige nennen die Züchtigung Mutter der Tugend. Manasses Ketten brachten ihm mehr Nutzen als seine Krone. Luther konnte einige Schriftstellen so lange nicht verstehen, bis er gezüchtigt wurde. Das Kreuz des Christus ist kein Brief, und doch lehrte es ihn mehr, als alle Briefe der Reihe nach es taten. Gottes Erziehungsheim ist seine Schule der Unterweisung. Alle Steine, sie auf auf Stephanus zuflogen, brachten ihn näher zu Christus, dem Eckstein. Die Wellen erhoben Noahs Arche nur näher zum Himmel, und je höher das Wasser stieg, desto näher befand er sich dem Himmel. 

Züchtigungen erheben die Seele zu mehr Reichtum, Klarheit und größerer Freude an Gott:

„Darum siehe, ich will sie locken und in die Wüste führen und ihr zu Herzen reden“ (Hosea 2,16), oder wie die hebräische Übersetzung es beschreibt: „Ich werde ernsthaft oder heftig zu ihrem Herzen reden.“

Gott schafft Züchtigungen als Eingang zur Seele, damit diese sein gesegnetes Wesen in aller Süße und Freude vollständig genießen kann. Wann sah Stephanus die Himmel geöffnet und zur rechten Hand Gottes Christus stehen? Doch nur als die Steine auf ihn zuflogen, und als nur noch ein kleiner Augenblick zwischen ihm und der Ewigkeit stand. Und wann er schien Gott dem Jakob in seiner Herrlichkeit, wenn nicht am Tag seiner Schwierigkeiten, als ihm die Steine als Polster dienten, der Erdboden sein Bett war, die Hecken seine Vorhänge und die Himmel seinen Baldachin bildeten? Damals sah er die Engel Gottes in ihren glitzernden Gewändern auf- und niedersteigen. Die Pflanze in Nazianz wächst durch das Schneiden; wird sie geschnitten, gedeiht sie, sie behauptet sich gegen die Axt, sie lebt durch das Sterben, und durch das Schneiden wird sie größer.

So ergeht es Heiligen durch die Züchtigungen, die sie treffen. Sie gewinnen mehr an Erfahrung hinsichtlich der Kraft Gottes, welche sie unterstützt; hinsichtlich der Weisheit Gottes, die ihnen die Richtung zeigt; hinsichtlich der Gnade Gottes, durch welche sie Erfrischung und Aufmunterung erhalten; und hinsichtlich der Güte Gottes, die ihnen Ruhe schenkt und sie erquickt und zu einer größeren Liebe zur Heiligkeit, mehr Wonne an der Heiligkeit und einem heftigeren Streben nach der Heiligkeit beflügelt.

Ich las von einer Quelle, welche zur Mittagszeit kalt ist und um Mitternacht warm wird; so manche wertvolle Seele ist in den Tagen des Wohlstandes gegenüber Gott, dem Himmel und der Heiligkeit kalt; doch wird sie in der tiefen Nacht der Züchtigung gegenüber Gott, dem Himmel und der Heiligkeit warm.

Ferner dienen Züchtigungen dazu, die Herzen der Heiligen demütig und weich zu erhalten:

„Gedenke doch an mein Elend und mein Umherirren, an den Wermut und das Gift! Beständig denkt meine Seele daran und ist tief gebeugt!“ (Klagelieder 3,19-20) 

Als David die Rute verspürte, sprach er: Ich schweige und tue meinen Mund nicht auf, denn du hast es getan“ (Psalm 39,10). Ich las von jemandem (Gregor Nazianz), welcher, sobald alles erfolgreich ausfiel, in den Klageliedern Jeremias las, was sein Herz weich, demütig und niedrig hielt. Wohlstand trägt nicht mehr zum Aufbauschen der Seele bei, als das Elend zum Niederbeugen der Seele mitwirkt. Dies erkannten die Heiligen durch die Erfahrung; deshalb können sie das Kreuz küssen und umarmen, wie andere dies mit der Krone der Welt tun.

Und wiederum, sie bewirken, dass Heilige Gott näher kommen und im Gebet mit Gott zudringlicher und ernsthafter werden.

„Ehe ich gedemütigt wurde, irrte ich; nun aber befolge ich dein Wort… Es ist gut für mich, dass ich gedemütigt wurde, damit ich deine Anweisungen lerne…“ (Psalm 119,67.71) „Denn ich bin wie ein Löwe gegen Ephraim und wie ein junger Löwe gegen das Haus Juda; ich, ja ich, zerreiße und gehe davon und nehme weg, dass niemand retten kann. Ich werde davongehen, an meinen Ort zurückkehren, bis sie ihre Schuld erkennen und mein Angesicht suchen werden; in ihrer Drangsal werden sie mich ernstlich suchen.“ (Hosea 5,14-15)

Und das taten sie auch. „Kommt wir wollen wieder umkehren zum HERRN! Er hat uns zerrissen, er wird uns auch heilen; er hat uns geschlagen, er wird uns auch verbinden! Nach zwei Tagen wird er uns lebendig machen, am dritten Tag wird er uns aufrichten, dass wir vor ihm leben.“ (Hosea 6,1-2)

Als Gott ihren Weg mit Dornen zäunte, sagten sie: „Ich will hingehen und wieder zu meinem ersten Mann zurückkehren, denn damals hatte ich es besser als jetzt“ (Hosea 2,9). Ach die Freude, der Friede, die Annehmlichkeiten und die Zufriedenheit, die uns umgab, als wir uns an die enge Gemeinschaft mit Gott hielten, sprechen für unsere Rückkehr zu Gott.

Als Tiribazus, ein persischer General und Satrap, verhaftet wurde, zog er sein Schwert um sich selbst zu verteidigen. Doch als ihm mitgeteilt wurde, dass man ihm zum König bringen wolle, ergab er sich bereitwillig. Wenn sich ein Heiliger anfangs auch ein bisschen auffällig benimmt und sich dann doch darauf besinnt, dass Züchtigungen ihn näher zu Gott bringen, so fügt er sich und küsst die Rute. Züchtigungen sind wie der Stich an die Brust der Nachtigall, welcher sie aufweckt, damit sie ihren süßen erfreulichen Gesang vollbringt.

Außerdem dienen Züchtigungen dazu verloren gegangene Tugenden zu erneuern und wieder zu erlangen; sie entflammen jene Liebe, die erkaltet ist und erwecken den Glauben, der erstorben ist; sie verleihen den Hoffnungen, die vernichtet wurden, neues Leben, und jenen Freuden und Annehmlichkeiten, die schwach sind, Lebensgeist.

Hat Moschus seine Süße verloren, meinte jemand, so erhält er diese zurück, wenn man ihn in eine Grube mitten unter Schmutz gibt. So beleben und erneuern Züchtigungen verlorene Tugenden. Je stärker Heilige mit dem Hammer der Züchtigungen geschlagen werden, desto besser dienen sie als Posaunen zum Lobpreis Gottes, und so werden auch ihre Tugenden erneuert und belebt. Trübsal erniedrigt die Lieblichkeit der Welt, welche uns verlocken möchte; sie dämpft die Lüsternheit des Fleisches, welche uns zur Torheit und Eitelkeit aufstacheln will. Sie unterstützt den Geist im Kampf gegen die beiden ersteren, welche stark auf die Erneuerung und Genesung verschütteter Tugenden abzielt.

Nun, sehen Sie die Züchtigungen und Schwierigkeiten als einen Weg, der zur Heiligkeit großen Nutzen und einen einzigartigen Vorteil bringen. Möge keine Seele so töricht sein, einen schmerzhaften Weg der Heiligkeit zu verlassen, um den glatten Pfad der Gottlosigkeit beschreiten.

Dies ist ein Ausschnitt aus dem Buch von Thomas Brooks „Wirksame Maßnahmen gegen Satans Hinterlist“, S. 73ff., 3L Verlag

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