Wie soll ein Christ mit Leid umgehen?
Dieses Thema habe ich für einen kleinen Frauenkreis vorbereitet. Über den Umgang mit Leid aus biblischer Sicht könnte man sicherlich noch viele andere Aspekte aufgreifen, doch diese unten aufgeführten Dinge sind mir persönlich wichtig geworden und haben sich als sehr hilfreich erwiesen.
Jeder von uns hat schon Leidenserfahrungen gemacht. Und wahrscheinlich kommt uns selten sofort in den Sinn, dass Gott in gerade der jetzigen Situation ein überragendes Ziel verfolgt. Ich war schon einige Jahre krank ohne darin Gottes Ziele zu entdecken oder gar danach zu fragen. Krank ist ja jeder mal, den einen trifft es so, den anderen härter. Irgendwann würde ich schon gesund werden. Ich müsste nur durchhalten, die wichtigen Dinge des Lebens nicht aus den Augen verlieren und weitermachen. Ja, einfach weitermachen.
Erst als ich keine Kraft mehr hatte und verstand, dass ich nicht so schnell gesund werden würde, und was das für eine Tragweite für mich und vielleicht mein ganzes Leben bedeutet, fing ich an in der Bibel nach Antworten zu suchen.
Das ich das so spät tat, war ein Fehler. Denn wann leidet man, und wann nicht? Wer definiert das? Leid beginnt doch ganz subjektiv da, wenn man anfängt zu leiden. Ich meine, dass die grundsätzlichen Hilfen und Denkweisen, die wir im Leiden für notwendig erachten, genauso gut für den stressigen Alltag sind, dass sie da genauso hilfreich und lohnenswert sind. Gott hat mit der Situation, in der du vielleicht gerade steckst, auch seine ganz besonderen Ziele, sei es ein stressiger Tag, Kopfschmerzen oder eine kaputte Spülmaschine.
Weißt du, was Jesu erste Lektion an die Jünger war, als er sich ihnen als Messias offenbarte? Was war so wichtig, dass er unbedingt damit verknüpft haben wollte? Was war die logische Folge davon, dass Jesus der Messias war?
Mit meinen eigenen Worten steht in Matthäus 16,21-25 zusammengefasst: Jesus selbst wird viel leiden und sterben müssen. Aber dann wird er auferstehen. Und jeder, der ihm nachfolgen will, wird auch viel leiden und sein Leben verlieren müssen, aber dadurch zum ewigen Leben hindurchdringen.
Leid ist also der ganz normale Weg für einen Christen oder der ganz normale Zustand. Das können wir auch in 1. Pt 4,12-13 nachlesen: „Geliebte, lasst euch durch das Feuer der Verfolgung unter euch, das euch zur Prüfung geschieht, nicht befremden, als begegne euch etwas Fremdes; sondern freut euch, insoweit ihr der Leiden des Christus teilhaftig seid, damit ihr euch auch in der Offenbarung seiner Herrlichkeit jubelnd freut!“
Und das hat einen ganz besonderen Zweck… Als Jesus auf dieser Erde war, wurde durch sein Wesen deutlich, dass er Gott selbst war. Aber die Menschen erkannten ihn nicht. Sie erkannten, dass er mit Vollmacht predigte, dass er nie gehörte Wunder tat, dass er die Menschen liebte und mit ihnen fühlte. Aber das offenbarte den Menschen nicht, dass Jesus ihr Messias war.
Das, was Jesus am meisten als Gott offenbarte, war die Art und Weise, wie er litt. Er zeigte an seinem Leib das Evangelium. Und unsere Bedrängnisse sollen genau das auch bei uns tun. Sie sollen zutage bringen, wer in uns regiert, wessen Kinder wir geworden sind. An uns soll man Christus – in seinem Leiden – erkennen. Leiden nach dem Vorbild Christi macht dein Zeugnis erst richtig glaubhaft.
John Piper schreibt: „Das erstaunliche Fazit ist nun: Gott beabsichtigt, die Leiden Christi der Welt durch die Leiden seiner Leute vorzustellen. Gott hat für den Leib Christi, für die eigene Gemeinde, tatsächlich vorgesehen, dass sie einige der Leiden seines Sohnes erfährt. Bei der Proklamation des Kreuzes als Weg zum Leben sollen Menschen also die Kennzeichen des Kreuzes durch uns wahrnehmen. Unsere Berufung besteht darin, die Drangsale Christi Realität werden zu lassen durch die Bedrängnisse, die wir erfahren, wenn wir ihnen die Botschaft des Heils bringen.“ (Gewürdigt zur Schmach, S.15, clv)
Man sagt, Druck offenbare das Innere. Bei Sonnenschein sind wir alle gut gelaunt, haben viel Verständnis füreinander, haben ein weites Herz und vergeben uns schneller. Sobald es aber stressig oder hart wird, so dass uns die Umstände an die Substanz gehen, wird schnell offenbar, was in unserem Herzen tatsächlich schlummert.
So werden durch Leiden noch viele andere Dinge sichtbar. Was für ein Verständnis hast du über Gott? Ist er dein liebender Vater, dem du völlig ruhig vertrauen kannst? Was für ein Verständnis hast du über dich selbst? Und ganz wichtig: Was bedeutet Gott für dich?
Alle diese Dinge sollen für dich selbst deutlich werden, und sie werden es vielleicht noch viel klarer für dein Umfeld. Demonstrierst du, dass Gott das wert ist, dass er völlig genügt, und dass du in ihm ruhen kannst? Oder zeigst du deine stolze Unabhängigkeit von Gott, vielleicht Wut, und ein verletztes Ego?
Es ist also eine wichtige Grundlage für den richtigen Umgang mit Leiden. Dein Verhalten unter der Hand Gottes wird dadurch bestimmt, was du über Gott denkst. Nicht theoretisch, sondern das, was dir wirklich in Fleisch und Blut übergegangen ist.
Darum möchte ich an erster Stelle dir folgendes ans Herz legen:
Ändere deinen Sinn durch ein gezieltes Bibelstudium. Wenn dein Haus auf dem Felsen steht, wird es bestehen, wenn der Sturm kommt. Welches Bibelstudium kann dir also helfen, den Sinn zu verändern? Dazu habe ich vier Punkte:
» Lerne mehr über Gottes Wesen, lerne sein Herz kennen. Wenn du Gott besser kennenlernst, kannst du ihm immer mehr vertrauen und Ängste loslassen.
Ich hörte mal ein kurzes Gespräch zwischen einer Frau, die eine schlimme Erbkrankheit hatte und ihrem Freund. Ihr Freund sagte: „Meine Oma glaubte, dass Gott allein das Ende unseres Lebens bestimmt und dass er das Maß unserer Leiden festlegt und wir uns diesem gehorsam beugen sollen. Das macht mir Angst.“ Darauf antwortete die Frau: „Das ist nicht der Gott, an den ich glaube.“ Diese Frau hatte in der Schweiz Sterbehilfe beantragt.
Weder der Mann noch die Frau kannten Gott als ihren Vater oder sein Wesen. Wir Menschen haben oft Angst vor dem Ungewissen. Aber Gott hat sich im Wort so intim offenbart, dass wir uns ohne Bedenken und voller Vertrauen in seine liebenden Hände fallen lassen können. Vor vier Jahren habe ich einmal alle Propheten durchstudiert um zu erfahren, was dort über Gott steht. Dort wird sehr viel über seine Macht und Herrlichkeit und Größe geschrieben, aber auch über seine Souveränität im Leid. Das hat mir gewissermaßen die Augen geöffnet und meinen Sinn verändert.
» Lerne mehr über das Leiden Jesus, unserem großen Vorbild. Er hat sein ganzes Leben lang gelitten. Seine gerechte Seele litt unter der Sünde um sich herum. Er hatte solch ein Mitleid mit den Menschen, die so unter ihren Sünden und deren Folgen litten. Auch litt er an dem Unglauben, und daran, dass er schlussendlich verworfen wurde. Wenn du einmal die Evangelien ganz aufmerksam liest, wie Jesus in den einzelnen verletzenden Situationen gehandelt hat, kann das sehr hilfreich sein. Aber besonders herrlich und erfüllend ist es, sich mit seinen Leiden an seinem letzten Tag zu beschäftigen.
C.J. Mahaney schreibt: „Wenn im Mittelpunkt ihres Lebens das Evangelium und das Kreuz stehen – wenn sie „am Fuß des Kreuzes“ bleiben, wie Spurgeon sagt, und sich mit dem „Geheimnis seiner Wunden“ beschäftigen -, wird ihr Leben mit Freude erfüllt sein. Kultivieren sie diese Freude, indem Sie beständig über das Evangelium nachdenken. Lassen Sie das Kreuz immer ihren größten Herzensschatz sein, Ihren besten und höchsten Gedanken … und Ihre leidenschaftliche Hauptbeschäftigung.“
» Was sagt die Bibel über Leid? Ist mein Verständnis davon richtig? Die Bibel ist voll davon! Ich habe aber nie einen Blick dafür gehabt und war überrascht, wie viel sie darüber spricht, und wie anders ich darüber denken sollte.
» Weißt du, welchen Lohn du für deine Mühen bekommen wirst? Kannst du ihn genau benennen und dich darauf freuen? Auch Jesus erduldete das Kreuz um der vor ihm liegenden Freude willen, siehe Hebräer 12,2. Als Jesus vor dem Hohepriester zugab, dass er der Messias war, hatte er somit sein Todesurteil gesprochen. Aber er streckt sich sofort nach dem Lohn aus, den er für seine Leiden bekommen wird: „Jesus aber schwieg. Und der Hohepriester begann und sprach zu ihm: Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott, dass du uns sagst, ob du der Christus bist, der Sohn Gottes! Jesus spricht zu ihm: Du hast es gesagt! Überdies sage ich euch: Künftig werdet ihr den Sohn des Menschen sitzen sehen zur Rechten der Macht und kommen auf den Wolken des Himmels!“ Matthäus 26,63-64
Freude in Gott ist so essentiell wichtig, besonders in schweren Zeiten. Und dann ist sie etwas ganz Besonderes. Für mich bedeutet sie einen großen Lohn, den ich schon hier auf der Erde wie ein Stück Himmel haben darf. Ich darf Gottes Nähe besonders erfahren, seinen Trost, seine Hilfe. Die vielen Verheißungen, die gerade für die Zeiten der Not gegeben worden sind, sind unsere Belohnungen, die wir nur auf dem Weg des Leids erfahren und bekommen dürfen. Sie sind so wertvoll! Und dann kommen noch all die Verheißungen dazu, die uns im Himmel erwarten! Strecke dich danach aus! Lese dazu 1. Pt 1,3-9.
Wenn du nun all diese wunderschönen verschiedenen Dinge über Gott, über Jesus, über das Leid und unseren Lohn dafür neu entdeckst, dann verinnerliche diese Wahrheiten ganz tief, damit du jederzeit ganz natürlich auf sie zurückgreifen kannst. Wenn du morgens bereits mit Schmerzen oder inneren Kämpfen aufwachst und das Gedankenkarussell und die Unzufriedenheit beginnt, dann höre dir nicht selber zu, sondern predige zu dir selbst all die wunderbaren Wahrheiten, bis dein Herz zur Ruhe gekommen ist und du Gott danken, ihn loben und ihm singen kannst! Die Wahrheit wird dich frei machen, und du wirst schnell mit Dank und tiefer Freude erfüllt sein.
Das ist der Kampf um Freude. Das gibt neue Kraft. Und das verherrlicht Gott. Diese Freude gründet sich auf Gottes unwandelbarem Wesen und ist somit auch unabhängig von unseren Umständen.
„Lloyd-Jones erinnert uns, dass das, was wir in der Bibel haben, die Wahrheit ist; es ist kein emotionaler Anreiz … und wenn wir diese Wahrheit erfassen und uns ihr unterordnen, folgen die Gefühle nach. Wenn wir uns zuerst auf die Wahrheit konzentrieren, folgen – siehe da – die Gefühle nach! Und es werden zuverlässige Gefühle sein, denn sie sind in der Wahrheit verankert.
Damit hat Lloyd-Jones genau recht. Es bedeutet nicht, dass wir nie unsere Gefühle einbeziehen; sie sind nur nicht der Ausgangspunkt, wenn wir der Wahrheit begegnen. Der Ausgangspunkt ist die Entscheidung, der Wahrheit zu glauben, ungeachtet dessen, wie wir uns fühlen. Andernfalls bringen wir uns selbst um einen wichtigen Teil unserer Gefühle und Erfahrung – denn wenn wir Gottes Wort richtig verstehen und glauben folgen daraus unweigerlich tiefe und feste Gefühle.
Wenn Sie die Bibel lesen und ernsthaft über die Inhalte nachdenken und meditieren, werden Sie irgendwann auch tatsächlich erleben, was darin geschrieben steht, und Sie werden die Auswirkungen spüren. Gottes Wort ist Wahrheit, die Herzen verändert.“
C.H. Mahaney
Opfere Gott Lob und Dank! Wenn du nachts nicht schlafen kannst, dann singe in deinem Herzen deinem Vater! Was denkst du, wie kostbar dieses Opfer Gott sein wird? Ich habe schon öfter die herrliche Gemeinschaft in der Nacht erlebt, wenn ich wegen der Beschwerden nicht schlafen konnte, und meinen Blick auf Gott richten durfte. Es sind wirklich kostbare Momente oder gar Stunden. Thomas Brooks: „Metall prüfen wir durch Klopfen; klingt es gut, gefällt es uns. So prüft Gott die Seinen durch Schläge, und wenn sie dadurch einen angenehmen Klang hervorbringen, verwandelt er ihre Nacht in Tag, ihre Bitterkeit in Süße und ihr Kreuz in eine Krone…“ siehe auch Hiob 35,10-11
Was tat Jesus, als er von der Volksmenge verworfen wurde? Er pries seinen Vater dafür, demütigte sich unter seinen Willen und sah die Herrlichkeit darin. Und für die Elenden und Beladenen, die Gott erwählt hatte, breitete er einladend und sanftmütig seine Arme aus.
„Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du dies vor den Weisen und Klugen verborgen und es den Unmündigen geoffenbart hast! Ja, Vater, denn so ist es wohlgefällig gewesen vor dir.“ Matthäus 11,25-26
Und zur Menschenmenge sagt er:
„Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, so will ich euch erquicken! Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen! Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht.“ Matthäus 11,28-30
Auch vor seiner Gefangennahme sangen Jesus und seine Jünger zum Abschluss des (letzten) Passahmahls ein Lied, und zwar nach jüdischer Überlieferung den Psalm 118. Lese diesen Psalm und versetze dich dabei in Jesus. Wie konnte er angesichts seiner auf ihn wartenden Leiden, die ihm vollkommen bewusst waren, solche Worte singen? Er verherrlichte Gott auf unbegreifliche Art und Weise. Ist das nicht erstrebenswert?
Eine Flut ruft der anderen beim Rauschen deiner Wasserstürze;
alle deine Wellen und Wogen sind über mich gegangen.
Am Tag wird der HERR seine Gnade entbieten, und in der Nacht wird sein Lied bei mir sein,
ein Gebet zu dem Gott meines Lebens.
Psalm 42,8-9
Und bete zum Herrn. Eigentlich gehört dieser Punkt an die erste Stelle. Denn das Gebet – oder die Gemeinschaft mit Gott – ist die Grundlage all dieser Dinge. Die Gemeinschaft durch das Lesen, die Erkenntnis über Gott und sich selbst, der Sieg über unsere Gedankenfestungen und die herrliche Freude an Gott sind Gnadenerweise und wir können sie uns nicht selbst nehmen. Erst wenn wir dies erkennen, dass wir voll und ganz von Gott abhängig sind, uns unter seine mächtige Hand demütigen, werden all diese Dinge in unserem Leben wahr werden. Sie sind schon durch das Werk Christi unser, wir müssen sie uns nicht erarbeiten. Aber erst in der innigen Gemeinschaft wird er uns in diese Dinge hineinführen. Und sicherlich hast du auch schon deine eigenen Erfahrungen gemacht.
Bitte Gott um Kraft und Beistand. Er wird dir das zuteilen, was du in diesem Augenblick brauchst. Vielleicht ist dir ganz klar, dass du Gottes Hilfe brauchst. Wenn du aber nicht um Gottes Hilfe usw. betest, offenbarst du, dass du dich insgeheim für stark genug hältst. Aber ein zerbrochenes Herz wird der Herr nicht abweisen, siehe Psalm 51,19. Er ist reich genug für alle Kinder.
Henry Frost: „Solange wir ihm das letzte Wort überlassen und eine dankbare Haltung haben, ob er nun auf unsere Gebete mit Nein antwortet oder mit Ja, können wir ihm frei unsere Wünsche darbringen, die unser körperliches Wohlsein betreffen, und das in der vollen Erwartung, dass er in irgendeiner Weise handeln wir. Es gibt viele Christen, die schlicht deshalb nicht gesund oder kräftig sind, weil sie Gott nie darum gebeten haben, ihnen körperlich genüge zu tun.“
Erwarte in allen Dingen deine Hilfe vom Herrn. Ich habe auch eine Weile gebraucht zu verstehen, dass Gott der Lenker hinter den Ärzten, den Medikamenten usw. ist. Das ist sehr wichtig.
Bedenke aber, dass Gott immer noch völlig frei entscheiden kann. Er wird dir unbedingt helfen, aber vielleicht auf eine ganz andere Weise, wie du es dir vorgestellt hast. Lass Gott einfach Gott sein. Vertraue ihm völlig als deinem liebenden Vater. Und akzeptiere, dass du nicht alle Antworten sofort bekommst oder er dir nicht sofort deine Last nimmt. Vertraue ihm. Glaube ihm. Umso mehr du sein Herz kennst, umso leichter wird es dir fallen.
Henry Frost: „Der Gläubige muss daran denken… dass Gott darüber entscheidet, ob er sich und seine Macht durch ein Wunder offenbart oder nicht, auch darüber, wann, wo, wie und durch wen das getan wird. Und er darf nicht vergessen, dass Gott immer in gleichem Maße treu und liebevoll ist, ob er sich nun auf diese Weise offenbart oder nicht.“
Vertrauen beinhaltet auch ein Still sein. Ein Aushalten, Ps 38,14-16 und Klagelieder 3,28-29. Auch Jesus war still und tat seinen Mund nicht auf, siehe Jesaja 53,7 und 1. Petrus 2,21-23 . Denke einmal darüber nach, was das alles bedeutet. Habe acht, dass du nicht murrst, nörgelst, dich nicht widersetzt.
Aber du darfst seufzen, und auch wehklagen. Schau einmal die Psalmisten an, wie sehr sie seufzen und wehklagen. Sie murren aber an keiner Stelle gegen Gott oder klagen ihn an. Auch Hiob hat so leidenschaftlich geklagt und wird doch von Gott als geduldig bezeichnet, siehe Jakobus 5,11. Ich habe lange ein schlechtes Gewissen gehabt, weil ich dachte Seufzen käme einem Murren gleich. Aber das stimmt nicht und diese Erkenntnis machte mich frei. Wir werden sogar dazu aufgefordert: „Steh auf und klage in der Nacht, beim Beginn der Wachen! Schütte dein Herz wie Wasser aus vor dem Angesicht des Herrn!“ (Klagelieder 2,19)
Thomas Brooks schreibt: „Manchmal erzählen die Wehklagen und Seufzer eines Heiligen in gewissem Sinne das, was seine Zunge niemals ausdrücken kann.“
Ja. Genau so ist das, und Gott weiß es. Er sieht das Herz an. 2. Mo 2,23; Hiob 3,24; Psalm 38,9-10
Ich bin verstummt, mache meinen Mund nicht auf; denn du, du hast gehandelt.
Psalm 39,10
Denn Leiden ist ein Schule Gottes. Wenn uns Leiden verordnet sind, dann soll wir auch darunter leiden. Wenn es nicht so wäre, dann wäre leiden nutzlos und die Belohnungen wertlos.
Thomas Brooks: „Wenn Gott schlägt, dann möchte er, dass wir erzittern. Wenn seine Hand hoch erhoben ist, dann achtet er darauf, dass unsere Herzen tief sinken. Wenn er die Rute in seiner Hand hält, so sieht er zu, dass wir in unsren Augen Tränen haben. Das sehen wir bei David, dessen Tränen – anstelle von Edelsteinen – die häufigsten Schmuckstücke seines Lagers waren.“
Und bedenke, jeder Tag hat seine eigene Plage – aber seine Güte ist erst recht jeden Morgen neu! Siehe Kl 3,19-23. Du musst nicht die ganze Last deines Lebens jeden Tag tragen, die du ja nicht einmal kennst, sondern nur die Last eines einzigen Tages. Dafür hat Gott dir genügend Gnade versprochen. Vielleicht sieht der morgige Tag schon ganz anders aus?
Körper und Seele hängen zusammen. Das sehen wir zum Beispiel in Psalm 38, indem David seine körperlichen Beschwerden beschreibt, die aus einer sündenbeladenen Seele entsprangen. Auch die Jünger konnten im Garten Gethsemane nicht wachen und schliefen ein, weil sie überwältigt von Traurigkeit über den bevorstehenden Verlust von Jesus waren, siehe Lukas 22,45.
Wenn der Körper oder die Seele leiden, hat das grundlegende Auswirkungen auf den ganzen Menschen. Wenn aber deine Seele heil wird, – was sie unbedingt soll – so ist der größte Leidensdruck von dir genommen.
Das heißt im Umkehrschluss nicht, dass du deinen Körper vernachlässigen sollst. Ich denke, dass wir eine große Verantwortung haben, vieles daran zu setzen auch unseren Körper zum Dienst zu „trainieren/verbessern“. Paulus spricht auch von einer Bändigung des Leibes, damit er den Siegespreis erringen könnte (1. Korinther 9,25-27) und riet Timotheus sein Trinkwasser mit Wein zu desinfizieren, damit es seinem Magen besser ginge, siehe 1. Timotheus 5,23.
Leiden ist also kein Vorwand für Faulheit. Du kannst dich gesünder ernähren, Sport treiben, frische Luft und Sonne genießen. Auch Medikamente gehören dazu. Dies alles ist heilsam und von Gott gegeben. Es sind tägliche Gnadengaben, dessen wir nicht würdig sind. Es verherrlicht Gott, wenn du dankbar seine Gaben gebrauchst. Aber vergiss nicht, dass dies so schnell zur eigenen Religion werden kann, wenn du dich darauf versteifst oder dich zu viel damit beschäftigst.
Thomas Brooks: „Obwohl sie ihr Vertrauen nicht in die Mittel setzen dürfen, können und sollten sie diese benutzen; und während sie diese einsetzen, haben sie Gott vor Augen, der alleine diese Mittel segnen kann, während sie ihre Aufgabe vollbringen. Wir können Gott missachten, indem wir sowohl Mittel zurückweisen als auch ihnen unser Vertrauen schenken.“
Nun zum Dienst. Lange habe ich mich gefragt, warum mir Gott die Kraft zum Dienen genommen hat. Dann habe ich an mir selbst gezweifelt und dachte, ich hätte einfach nicht genug Willen, wäre nicht gehorsam genug.
Das ist aber fatal so zu denken. Natürlich kann Leid dir deine momentanen Dienste nehmen. Wenn du ein Kind bekommst, dann kannst du vielleicht auch nicht mehr deinen Diensten nachgehen. Und doch weiß jeder, dass Kinder einfach ein neuer großer Dienst sind. Und Leid an sich ist noch ein größerer Dienst.
Wim Malgo sagte sogar: „Leiden ist größer als Wirken.“ Warum?
Dienste in der Gemeinde sind meistens sichtbar. Man dient den Menschen in der Gemeinde und verherrlicht Gott dadurch. Wenn einem Gott nun Leiden auferlegt, so beginnt sein Dienst unsichtbar in der Stille vor Gott. Allein vor Gott und der unsichtbaren Welt verherrlicht er Gott, indem er zeigt, dass Gott genügt, dass seine größte Freude Gott selbst ist, wie wir es in Psalm 73 lesen. Wie macht er das?
Stellen wir uns vor, er ist hilflos, zerbrochen, ein mitleiderregendes Geschöpf, auf den all diese Nöte und Anfechtungen einprasseln. Was denkst du, wie wertvoll es dann in Gottes Augen ist, wenn er hilflos und einsam in Schmerzen daliegt und sich trotz alle dem zu Gott durchkämpft, ihm anfängt zu danken, dann ihn zu loben, zu jubeln und zu singen und sein Herz sich vor Sehnsucht nach ihm verzehrt? Er küsst die Hand, die ihn schlägt. Anstatt sich von der sichtbaren bitterbösen Realität überwältigen zu lassen, klammert er sich an den unsichtbaren Gott und seine Zusagen. Was meinst du, wie kostbar wird diese Herzenshingabe Gott sein? Solche Gefühle, ja, solche Liebe können wir nicht auf Knopfdruck produzieren. Sie entspringt den Wahrheiten der Bibel, wenn wir uns in Zeiten der Not an diese klammern, sie ist die Folge des Glaubens an die Wahrheit. Sie trägt das Echtheitssiegel und ist feuererprobt. Die Liebe ist das Größte.
Denke an Hiob! Nachdem er die vier Nachrichten vom Verlust seines Besitzes und seiner 10 Kinder erhalten hatte, reagierte er so:
„Da stand Hiob auf und zerriss sein Gewand und schor sein Haupt; und er warf sich auf die Erde nieder und betete an. Und er sprach: Nackt bin ich aus dem Leib meiner Mutter gekommen; nackt werde ich wieder dahingehen. Der HERR hat gegeben, der HERR hat genommen; der Name des HERRN sei gelobt! Bei alledem sündigte Hiob nicht und verhielt sich nicht ungebührlich gegen Gott.“ (Hiob 1,20-22)
Wie kostbar wäre es für dich, wenn dein eigenes Kind dir gegenüber so handeln würde, während du es bestrafen musst? Würde dein Herz nicht vor Liebe zerschmelzen?
Wenn ich in den Sprachen der Menschen und der Engel rede, aber keine Liebe habe,
so bin ich ein tönendes Erz geworden oder eine schallende Zimbel.
Und wenn ich Weissagung habe und alle Geheimnisse und alle Erkenntnis weiß,
und wenn ich allen Glauben habe, so dass ich Berge versetze, aber keine Liebe habe, so bin ich nichts.
Und wenn ich alle meine Habe zur Speisung der Armen austeile und wenn ich meinen Leib hingebe,
damit ich Ruhm gewinne, aber keine Liebe habe, so nützt es mir nichts.
Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; die Größte aber von diesen ist die Liebe.
1. Korinther 13,1-4.13
Der Dienst eines Leidenden ist also in erster Linie die Verherrlichung Gottes im stillen Kämmerlein. Aber es ergeben sich natürlich auch andere Dienste. Sei offen dafür. Sage nicht stolz, „ich kann das nicht“, sondern „Gott kann.“ Wenn Gott dir einen Dienst auferlegt, dann wird er dich auch ausrüsten, und zwar nach seiner Vorstellung. Denke an die Berufung und Ausrüstung von Mose.
Haushalte also gut mit der Kraft und den Gaben, die Gott dir zugeteilt hat. Mir hat Gott einen großen Teil meiner Kraft genommen, das heißt auch, dass die ganz normalen Dinge des Lebens mich viel mehr Kraft kosten als früher und ich dankbar bin, wenn ich meinen Haushalt führen kann. Und was für eine Freude, wenn ich zum Gottesdienst fahren kann! Wenn ich jemandem einfach mal mein Ohr leihen kann oder jemandem aufmunternd zulächeln… Das sind Dinge, die mir möglich sind, und die mir große Freude bereiten, auch wenn sie mir manchmal beinahe alle Kraft kosten. Es sind kleine, unscheinbare Dienste, die aber Gott gefallen. Du musst nicht mehr das Pensum erreichen, dass du vorher geschafft hast. Du musst nicht deinen eigenen Vorstellungen von Dienst genügen. Auch nicht der der anderen. Gott vertraut dir deinen persönlichen Dienst an, und wird dir dafür das nötige Maß an Kraft, an Glauben, an Gaben zuteilen. Vertraue ihm!
Auch wenn es dir zu wenig vorkommen mag… Es ist wie das Scherflein der Witwe, wenn wir das wenige, das wir haben, dem Herrn darbringen. Und es ist wertgeachtet in seinen Augen! Manchmal bohrt es in mir, warum ich keine Kraft mehr habe zu singen. Aber für mindestens ein leises Lied reicht es normalerweise. Und dieses will ich voll Freude und Anbetung dem Herrn darbringen!
Wenn wir leiden, sind wir oft nur mit uns selbst beschäftigt. Es ist ganz wichtig, dass du dein eigenes Leid nicht mit dem des anderen vergleichst. Das entspringt nur der eigenen Selbstliebe und nimmt uns die Möglichkeit deinem Nächsten unvoreingenommen und liebevoll zu begegnen. Auf dieser Grundlage ist eine gegenseitige Ermutigung eigentlich kraftlos und meiner Meinung nach gar nicht möglich. Wenn du dich vergleichst, nährst du nur dein Selbstmitleid und entziehst die Liebe deinem Nächsten. Es ist eine Lüge zu glauben, man könne sein eigenes Leid mit dem eines anderen vergleichen. Das bedeutet nicht, dass wir alle gleichviel leiden würden. Der eine leidet mehr, der andere weniger. Aber man kann es nicht vergleichen. Man kann nicht einmal zwei verschiedene Krankheitsbilder miteinander vergleichen, und noch nicht einmal den Leidensdruck von Patienten mit derselben Erkrankung. Denn du kennst nicht die Umstände und Anfechtungen des anderen. Du kennst seine Beschwerden nicht ins Einzelne. Nur Gott weiß es. Gott legt seine Lasten seinen Kindern weise, jedem nach seinem Maß und insbesondere nicht leichtfertig auf. Predige das zu deinem Herzen.
Deswegen, liebe deinen Nächsten. Habe ein Auge für seine Nöte, ein Ohr für seinen Seelenschmerz und eine helfende Hand, wenn sie gebraucht wird. Jesus litt so sehr unter der Abweisung des Volkes, unter der Sensationsgier, unter dem Leid, dass dem Volk widerfuhr. Er brachte ihnen die Gute Botschaft, die sie frei machen sollte. Er heilte ihre Gebrechen. Er posaunte nicht heraus, dass er der Messias war. Als er um Johannes den Täufer trauerte, speiste er die 5.000 Menschen, und hatte Mitleid mit seinen Jüngern, weil sie so gestresst waren. Lernen wir von ihm.
Und als letztes: Vergebe! Wenn Körper und Seele in Mitleidenschaft gezogen werden, sind wir schnell verletzbar. Viele Familien leiden unter der Not eines Angehörigen, enge Beziehungen werden hart auf die Probe gestellt und oberflächliche Beziehungen lösen sich ganz schnell in Nichts auf. Menschen sind von Natur aus leidensscheu, auch was das Leiden seines Nächsten betrifft. Komischerweise sind wir schnell dabei jemanden zu verurteilen, zu verspotten, zu verschmähen. Nur wer wirklich liebt, hat die nötige Kraft Leiden zu ertragen sowie mitzutragen. Ps 38,12.14; Ps 31,12; Hi 6,21
Wir leben in einer Welt voller Sünde, und Leid gehört dementsprechend dazu. Wenn wir selbst leiden, fordern wir viel von unseren Nächsten und haben oft selbst keinen Blick für dessen Nöte. Wir leiden alle, mehr oder weniger. Und so vielfältig die Sünde ist, so vielfältig sind auch ihre Folgen, unter denen wir leiden. Da ist keiner ausgenommen. Wir verursachen Leid und müssen Leid ertragen. Verletzungen gehen also Hand in Hand mit unseren Nöten und stetige Vergebung gehört zur Heilung dazu.
C.J. Mahaney schreibt folgendes:
„Wegen der Sünde sind Konflikte in Beziehungen unvermeidlich. Sie werden gegen andere sündigen. Andere werden gegen Sie sündigen. Sie werden mit anderen nachsichtig sein müssen. Sie werden anderen vergeben müssen.
Ihre Beziehungen zu anderen müssen auf Ihrer Beziehung zu Gott durch das Kreuz gegründet sein. In der Bibel wird uns aufgetragen: ›Seid aber gegeneinander freundlich und barmherzig und vergebt einander, gleichwie auch Gott euch vergeben hat in Christus.‹ (Epheser 4,32)
Wenn ich anderen gegenüber verbittert oder unversöhnlich werde, unterstelle ich, dass ihre Sünden gegen mich schwerer wiegen als meine Sünden gegen Gott. Das Kreuz verändert meine Perspektive. Durch das Kreuz erkenne ich, dass keine Sünde, die gegen mich begangen wird, je so schwerwiegend sein kann wie die unzähligen Sünden, die ich gegen Gott begangen habe. Wenn wir verstehen, wie viel Gott uns vergeben hat, ist es nicht schwer, anderen zu vergeben.
Gott ist geduldig mit mir, so dass ich geduldig mit anderen sein kann. Gott hat mir vergeben, so dass ich anderen vergeben kann. Gottes Gnade verändert mich, so dass ich darauf vertrauen kann, dass Er auch andere verändern kann. … Ich weiß nicht, was morgen kommt. Aber ich weiß: Durch das Kreuz wird es mir viel besser gehen, als ich es verdiene. Darum möchte ich, solange ich lebe, nur noch tiefer in das wunderbare Geheimnis von Gottes Liebe zu mir eintauchen.“
Hiob wurde von Gott aufgefordert für seine Freunde zu beten und für sie ein Opfer darzubringen. Er machte ihre Vergebung von dem liebevollen Priesterdienst Hiobs abhängig. Diese Freunde hatten ihn gedemütigt und geschmäht, obwohl sie meinten ihm dadurch helfen zu können. Aber Hiob vergab ihnen und betete für sie, und sie begegneten dadurch Gott.
„Wir diskreditieren unsere Tröstungen in Gott, wenn uns an den Kreuzen dieser Welt zu viel liegt.
Lasst uns viel mehr bezeugen, dass wir uns der Güte Gottes sicher sind und dieses Leiden deshalb gut für uns ist.
Lass uns das als ausreichend dafür betrachten, alle Unfreundlichkeiten der Menschen aufzuwiegen.
Solche, die sagen können, dass sie Gottes Gunst genießen, dürfen sich nicht über das Stirnrunzeln der Welt ärgern.
Das Licht des Angesichtes Gottes kann durch die dicksten Wolken der Mühsale dieser gegenwärtigen Zeit scheinen.“
Matthew Henry
Alle Zitate von C.H. Mahaney stammen aus dem Buch „Leben mit dem Kreuz im Zentrum“, arche-medien
Alle Zitate von Thomas Brooks stammen aus dem Buch in „Wirksame Maßnahmen gegen Satans Hinterlist“, 3L Verlag
Alle Zitate von Henry Frost stammen aus dem Buch „Sehnsucht nach Heilung“ von Joni E. Tada und werden aus seinem Buch „Miraculous Healing: Why does God heal some and not others?“ zitiert