Falsche Fragen

… die auf einem falschen Gottesbild basieren

Ein Zitat von John MacArthur

Bei der Beschäftigung mit den schwierigen Fragen über Gottes Liebe müssen wir unbedingt bedenken, dass wir dazu neigen, die Dinge aus der falschen Perspektive zu sehen. Mit unserem begrenzten Verstand können wir einen unendlichen Gott nicht begreifen. Wenn wir versuchen, Gott aus menschlicher Perspektive auszuloten, wird unser ganzes Denken über ihn fehlerhaft sein. Wir sündigen gegen Gott, wenn wir etwas über ihn denken, was seiner Herrlichkeit nicht gebührt. Gott selbst tadelt diejenigen, die ihn unterschätzen und in menschlichen Begriffen von ihm denken: „Du dachtest, ich sei ganz wie du. Ich werde dich zurechtweisen und es dir vor Augen stellen“ (Psalm 50,21).

Kennen Sie das Buch Hiob? Nach all dem Leid Hiobs und den Ratschlägen seiner Freunde, die sein Leid nur noch verschlimmerten, tadelte Gott nicht nur Hiobs Ratgeber, sondern auch Hiob selbst, weil er zu niedrig über Gott gedacht hatte. Sowohl Hiob als auch seine Freunde hatten versucht, Gott nach menschlichem Ermessen zu erklären. Sie versuchten, den Sinn von Hiobs Leiden zu erklären, aber sie versagten darin, Gott als hoch erhaben über seinen Geschöpfen zu sehen. Das verzerrte ihre Sicht für das Geschehen. Die Ratgeber gaben die falschen Antworten und Hiob stellte die falschen Fragen. Dann stellte Gott selber Hiob einige Fragen:

Wer verfinstert da den Ratschluss mit Worten ohne Erkenntnis?
Gürte doch deine Lenden wie ein Mann! Ich will dich fragen, und du sollst mich belehren!
Wo warst du, als ich den Grund der Erde legte? Sprich es aus, wenn du Bescheid weißt!
Wer hat ihre Maße bestimmt? Weißt du das? Oder wer hat die Messschnur über sie ausgespannt? Worin wurden ihre Grundpfeiler eingesenkt, oder wer hat ihren Eckstein gelegt, als die Morgensterne miteinander jauchzten und alle Söhne Gottes jubelten? Wer hat das Meer mit Schleusen verschlossen, als es hervorbrach, heraustrat [wie] aus dem Mutterschoß, als ich es in Wolken kleidete und Wolkendunkel zu seinen Windeln machte; als ich ihm seine Grenze zog und Riegel und Tore einsetzte und sprach:
»Bis hierher sollst du kommen und nicht weiter; hier soll sich der Stolz deiner Wellen legen«?
Hast du, solange du lebst, jemals den Sonnenaufgang angeordnet und dem Morgenrot seinen Platz angewiesen, dass es die Enden der Erde erfasse, damit die Frevler von ihr verscheucht werden?

» Hiob 38,2-13

Ich liebe diese Bibelstelle! Gott zählt seine Schöpfungswerke auf und fragt Hiob, ob er weise genug sei, um Gott zu sagen, wie das alles zu bewerkstelligen ist. Von hier an listet Gott drei, vier Kapitel lang die Wunder seiner Schöpfung auf und fordert Hiob heraus, ihm zu sagen, ob er es besser als Gott weiß, wie das Universum zu funktionieren hat. Anstatt sich in Hiobs Augen zu verteidigen, verweist Gott einfach auf seine Souveränität. „Mit dem Allmächtigen will der Tadler reden? Der da Gott zurechtweist, er antworte ihm darauf!“ (Hiob 40,2).

Hiob war so weise und wusste, dass er den Mund bereits zu voll genommen hatte. So antwortete er einfach: „Siehe, zu gering bin ich! Was kann ich dir erwidern? Ich lege meine Hand auf meinen Mund. Einmal habe ich geredet, und ich will nicht mehr antworten; und zweimal, und ich will es nicht wieder tun“ (Hiob 40,4-5).

Dann fragte Gott Hiob: „Willst du etwa mein Recht zerbrechen, mich für schuldig erklären, damit du gerecht dastehst? Oder hast du einen Arm wie Gott und donnerst du mit einer Stimme wie er?“ (Hiob 40,8-9). So berechtigt Hiobs Fragen für jemanden, der durch viel Leid gegangen ist, auch erscheinen sein mögen, so verleumden sie doch Gottes Charakter. Hiob übertrat die Grenze, wenn er meinte, er könne sich auf Kosten Gottes selbst rechtfertigen.

Nach Gottes eigenen Aussagen war Hiob „rechtschaffen und redlich … denn es gibt keinen wie ihn auf Erden“ (Hiob 1,8). Doch musste er leiden – vielleicht mehr als sonst ein gewöhnlicher Mensch je gelitten hat. Hiob verdiente dieses Leid weniger als andere. Warum wurde er gerade von solch einer Not getroffen? Wo war Gottes Liebe und Gerechtigkeitssinn? Es führte kein Weg daran vorbei, dass Hiob sich über schwierige Fragen wie diese den Kopf zerbrach, so wie Menschen es auch heute tun.

Aber in dem Augenblick, als seine Fragen Zweifel über Gott ausdrückten – an seiner Weisheit, Liebe und Gerechtigkeit – übertraten Hiob und seine Freunde die Grenze. Sie beurteilten Gott nach menschlichen Maßstäben. Sie vergaßen, dass er der Töpfer ist und sie nur der Ton sind. Deshalb wies Gott sie zurecht.

Hiob sah seine Sünde sofort ein: „So habe ich denn meine Meinung mitgeteilt und verstand doch nichts, Dinge, die zu wunderbar für mich sind und die ich nicht kannte“ (Hiob 42,3). Wir müssen bedenken: Wenn wir über die Liebe und den Zorn Gottes nachdenken, bekommen wir es oft mit Dingen zu tun, die „zu wunderbar“ für uns sind.

Zu wunderbar ist die Erkenntnisfür mich, zu hoch:
Ich vermag sie nicht zu erfassen.

» Psalm 139,6

Wer hat den Sinn des Herrn erkannt oder 
wer ist sein Mitberater gewesen?

» Römer 11,34

Wer hat den Geist des HERRN ergründet, und wer hat ihn als Ratgeber unterwiesen? Wen hat Er um Rat gefragt, dass der Ihn verständig machte und Ihm den Weg des Rechts wiese, dass er Ihn Erkenntnis lehrte und Ihm den Weg der Einsicht zeigte?

» Jesaja 40,13-14

Wer hat den Sinn des Herrn erkannt,
dass er ihn unterweisen könnte?

» 1. Korinther 2,16

Das sind dieselben Fragen, mit denen Gott auch Hiob konfrontierte. Wenn wir uns also mit diesen schwierigen Fragen über Gottes Liebe befassen, müssen wir sehr aufpassen, dass nicht unsere Fragen selbst uns zu einem  unangemessenen Denken über Gott verleiten oder zu sündigen Einstellungen zu seiner Liebe und Weisheit führen.

Falsche Forderungen aus einer falschen Sicht der Vorsehung Gottes

Wir wagen nicht den Fehler von Hiobs Freunden zu begehen und zu denken, wir könnten Gottes Führung und Vorsehung beobachten und daraus die Gedanken Gottes erkennen. Hiobs Freunde dachten, seine Leiden würden beweisen, dass er irgendeiner verborgenen Sünde schuldig sei. In Wirklichkeit war das Gegenteil der Fall. Da aus vielen Bibelstellen deutlich wird, dass wir Gottes Gedanken nicht kennen können, dürfen wir nicht versuchen, etwas in die Werke seiner Fügung hineinzulesen.

Damit meine ich, wir können nicht voraussetzen, dass wir die Bedeutung oder den Sinn und Zweck jedes glücklichen oder unglücklichen Ereignisses kennen. Oft geht es den Ungerechten anscheinend gut und sie genießen die Güte Gottes: „Die Zelte der Verwüster haben Ruhe und Sicherheit gibt es für die, die Gott reizen, für den, der Gott in seiner Hand führt“ (Hiob 12,6). „Ich habe einen Gottlosen gesehen, gewalttätig und sich erhebend wie eine üppige Zeder“ (Psalm 37,35). „Siehe, dies sind Gottlose, und immer sorglos, erwerben sie sich Vermögen“ (Psalm 73,12). Was daher oft wie Gottes Segen aussieht, beweist keineswegs die Gunst Gottes. Wir sollten keinen Augenblick meinen, Wohlergehen sei ein Beweis für Gottes Gutheißung. Wer so denkt, läuft Gefahr in die Irre zu gehen.

Im Gegenteil, die Gerechten leiden oft: „Alle aber auch, die gottesfürchtig leben wollen in Christus Jesus, werden verfolgt werden“ (2. Timotheus 3,12). „Denn euch ist es im Blick auf Christus geschenkt worden, nicht allein an ihn zu glauben, sondern auch für ihn zu leiden“ (Philipper 1,29). Doch Gott gebraucht solche Leiden, um viel Gutes zu erreichen: „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zu Guten mitwirken, denen, die nach seinem Vorsatz berufen sind “ (Römer 8,28).

Anders ausgedrückt: Gerade das, was gut erscheint, wird beim Unbußfertigen und Ungläubigen letztlich im Unheil enden. Doch bei Gottes Kindern dienen sogar Trübsale und Züchtigungen einem guten Ziel (1. Mose 50,20). Deshalb kann das, was aus unserer Perspektive die schlimmste Katastrophe ist, in Wirklichkeit ein Zeichen der Liebe und Güte Gottes sein.

Zu diesem Thema gibt es bereits einen weiteren Beitrag:  Hiobs Freunde, leidige Tröster

Dies ist ein Ausschnitt aus dem Buch „Die Liebe Gottes – Einblicke in Gottes unergründliches Wesen und Handeln“ ab Seite 98, geschrieben von John MacArthur, erschienen im Betanien Verlag.