Der gute Hirte
Jesus spricht:
»Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen und bin den Meinen bekannt.«
Ein Gastbeitrag
Es gab immer wieder Zeiten im Volk Gottes, während denen die Menschen versagt hatten, allen voran die Aufseher. Letztendlich hatte sich dadurch auch das ganze Volk von seinem Gott entfernt. Sie waren allein gelassen worden, woraufhin sie sich zerstreuten und niemand hatte es gekümmert. Sie sind den wilden Tieren zum Fraß geworden. Und mitten diese chaotische Zeit hinein sendet Gott Hesekiel und mit ihm eine Botschaft an sein Volk Israel. Er benutzt das Bild eines Hirten und seiner Schafe. Nicht nur hier kommt der Gedanke zum Ausdruck, dass Gott der Herr auch der Hirte seines Volkes ist, denn Gott selbst bezeichnet sich immer wieder in der Bibel als Hirten. Es ist eine sehr schöne Umschreibung Gottes, die ausdrückt, was Er für sein Volk ist und was Er für sein Volk tut. Und auch wie Er seinerseits sein Volk sieht und in was für eine Art Beziehung Er zu seinem Volk steht.
Hesekiel widmet ein ganzes Kapitel nur diesem Gedanken. Auszugsweise ein paar Verse:
Denn so spricht GOTT, der Herr:
»Siehe, ich selbst will nach meinen Schafen suchen und mich ihrer annehmen!
Wie ein Hirte seine Herde zusammensucht an dem Tag, da er mitten unter seinen zerstreuten Schafen ist, so will ich mich meiner Schafe annehmen und sie aus allen Orten erretten, wohin sie zerstreut wurden an dem Tag des Gewölks und des Wolkendunkels.
Und ich werde sie aus den Völkern herausführen und aus den Ländern zusammenbringen und werde sie in ihr Land führen; und ich werde sie weiden auf den Bergen Israels, in den Tälern und allen bewohnten Gegenden des Landes.
Auf einer guten Weide will ich sie weiden; und ihr Weideplatz soll auf den hohen Bergen Israels sein,
dort sollen sie sich auf einem guten Weideplatz lagern und auf den Bergen Israels fette Weide haben!
Ich selbst will meine Schafe weiden und sie lagern,« spricht GOTT, der Herr.
»Das Verlorene will ich suchen und das Verscheuchte zurückholen und das Verwundete verbinden; das Schwache will ich stärken; das Fette aber und das Starke will ich vertilgen; ich will sie weiden, wie es recht ist.«
»Und ihr seid meine Herde, die Schafe meiner Weide; ihr seid Menschen, [und] ich bin euer Gott,« spricht GOTT, der Herr.
» Hesekiel 34,11-16.31
Grundsätzlich lässt sich über einen Hirten sagen, dass das Wohl der Schafe in seiner Verantwortung liegt. Schafe brauchen einen Hirten, da sie sich selbst nicht versorgen können. Schafe können wohl eine Zeitlang ohne einen Hirten auskommen, aber nicht dauerhaft. Denn Schafe sind auch darauf angewiesen, dass sie gepflegt werden, dass z.B. ihre Wolle geschoren wird, da sie sonst irgendwann unter dem Gewicht zusammenbrechen würden. Schafe brauchen jemanden, der sich um sie kümmert. Was genau muss gemacht werden? Was sind die Aufgaben, die Pflege und die Werkzeuge eines Hirten?
1. Die Aufgabe des Hirten
Eines der bekanntesten Gleichnisse in der Bibel ist sicher das Gleichnis des verlorenen Schafes, welches Jesus einmal seinen Zuhörern in Lukas 15 erzählte.
Ein Mann hatte 100 Schafe und eines davon verirrte sich. Was macht der Hirte? Stellt er eine Kosten-Nutzung Rechnung auf? Schickt er einen Suchtrupp los? Ist ihm das eine Schaf egal, er hat ja noch 99 andere? Nein, nichts von alle dem, der Hirte geht selbst los und sucht nach dem Schaf! Warum macht er das? Weil er kein Mietling ist, er ist der Hirte! Er hat das Herz eines Hirten. Und sein Hirtenherz kann nicht mit dem Gedanken leben, das auch nur eines seiner Schafe verloren gegangen ist. Gott besitzt dieses Herz. Hesekiel 34,11: „Siehe, ich selbst will nach meinen Schafen suchen und mich ihrer annehmen.“ Der Hirte sucht solange, bis er das Schaf findet, er gibt nicht vorher auf. Der Hirte hört den Hilfeschrei des verängstigten und sich in Gefahr befindenden Schafes, welches vielleicht in einem Busch verhakt ist, oder sich vielleicht über einem steilen Abhang befindet, oder das in einem Morast steckengeblieben ist. Er zieht es aus der Grube heraus und bringt das Schaf dahin, wo es hingehört: nach Hause.
Aber damit ist die Arbeit des Hirten nicht getan. Da fängt sie erst richtig an.
Ein Schafhirte aus Neuseeland, der viele Jahre als Hirte gearbeitet hat, beschreibt die Aufgaben eines Hirten mit den Worten:
„Der Hirte beobachtet die Schafe den ganzen Tag und bewacht sie nachts. Am Morgen schaut der Hirte zuerst nach seinen Schafen. Er erkennt sofort, wenn eines krank ist, schwächelt oder nachts gestört wurde. Er untersucht sie regelmäßig auf Ungeziefer und Parasiten und befreit sie davon. Ihr Stall und Fell müssen von Mist und Kot befreit werden. Er führt die Schafe zu frischem, gesundem Wasser und auf Weiden mit dem besten Futter. Er macht einen guten Job, wenn seine Schafe in Sicherheit sind, sie zufrieden, wohlgenährt und gesund heranwachsen. Auf dem Rücken liegende Schafe richtet er so schnell wie möglich wieder auf, da sie sonst verenden oder durch Raubtiere oder Bussarde getötet werden. Der Hirte befreit seine Schafe aus schwierigen Lagen, in die sie aus Dummheit geraten sind.“
Der Hirte schaut sich morgens seine Schafe ganz genau an. Er bemerkt die Krankheiten, den Schmutz, der dem Schaf noch anhaftet, die Verletzungen, die das Schaf mit sich herumträgt. Und es ist für das Schaf gut, wenn es sich der Untersuchung von seinem Hirten unterziehen lässt. Es ist notwendig und es ist heilsam. So brauchen auch wir Gläubige, die wir der Herde Jesu Christi angehören, ebenfalls diese Untersuchung und diese Versorgung von unserem Hirten. Auch wir müssen beten: „Erforsche mich Gott und erkenne mein Herz.“ Und es ist reinigend und es ist heilsam, mit dem Hirten über den Schmutz zu sprechen, der sich immer wieder ansammelt und über die Verletzungen zu reden, die vielleicht immer wieder hochkommen, die immer wieder für Beschwerden und Schmerzen sorgen. Auch wenn es manchmal eine unangenehme Behandlung bedeutet, sollte das Schaf wissen, dass es ihm zum Besten dient.
Es mag sein, dass es dir manchmal wie Elia geht und du eine Zeitlang unter Depressionen leidest, unter der Müdigkeit, unter der Enttäuschung durch andere Menschen, unter Angst, weil du dich bedroht fühlst, unter Einsamkeit, weil dich niemand mehr versteht. Vielleicht liegst du wie ein Schaf auf dem Rücken und kannst alleine nicht mehr aufstehen. Wenn du wirklich sein Schaf bist, dann wird er dich nicht dort liegen lassen. Der Hirte wird unbedingt seinem Schaf aufhelfen, welches liegen geblieben ist. Als Elia „auf dem Rücken lag“, am Tiefpunkt seines Lebens, begegnete er seinem Gott und er bekam neue Aufgaben. Sein Hirte richtete ihn wieder auf und zeigte ihm, dass er nicht der Einzige war, wie er glaubte. 7000 andere hatten ihre Knie auch nicht vor Baal gebeugt.
Für gewöhnlich freut sich jedes Schaf über die besondere Aufmerksamkeit und den Kontakt mit seinem Hirten. Es fühlt sich in der Gegenwart des Hirten sicher und glücklich. Es genießt die Aufmerksamkeit, die der Hirte ihm schenkt. Als Kind bist du des Öfteren nicht beachtet oder enttäuscht worden. Du hast nicht die Aufmerksamkeit bekommen, die du gebraucht oder dir gewünscht hattest. Du hast was gebastelt oder gemalt, aber niemand hat sich darüber gefreut, niemand hat es interessiert. Du wurdest verletzt oder bist krank geworden, den anderen war es egal. Gott deinem Hirten war es nicht egal. Er, der gute Hirte, hat sich für dich interessiert. Er schenkt dir seine Aufmerksamkeit. Er ist besorgt um dich. Er leidet mit dir mit, das darfst du im Gebet wissen, wenn du Jesus anschaust.
2. Die Pflege des Hirten
Wie wir bereits festgestellt haben, braucht jedes Schaf regelmäßige Gesundheitschecks und Körperpflege. Ein guter Hirte lässt sich nicht so einfach durch die schöne Wolle täuschen. Er weiß, dass er gründlicher hinsehen muss. Er untersucht seine Schafe daher regelmäßig auf Parasiten und Ungeziefer. Ein Schaf braucht den Hirten um von Parasiten und Ungeziefer befreit zu werden. Am besten verhält sich das Schaf ganz ruhig und lässt den Hirten seine Arbeit tun.
Petrus hatte ein Problem damit, das Jesus ihm die Füße waschen wollte. Und Jesus erwiderte: „Was ich tue, verstehst du jetzt nicht; du wirst es aber danach erkennen.“ Und „Wenn ich dich nicht wasche, so hast du keine Gemeinschaft mit mir.“ Joh. 13. Es ist notwendig dem guten Hirten, sein Werk tun zu lassen. Nur er kann uns wirklich reinigen. Tut der Herr sein Werk an deinem Herzen? Werden deine Gedanken geläutert? Werden deine Worte reiner? Wächst deine Liebe zu ihm und zur Gemeinde? Oder wehrst du dich mit Händen und Füßen?
Die Klauen der Schafe müssen ebenfalls regelmäßig kontrolliert und dreimal im Jahr geschnitten werden. Ansonsten sammelt sich eine Menge Dreck zwischen den Klauen, und das Schaf schleppt eine Menge Dreck mit sich rum. Auch sichere Schritte sind so schwierig für das Schaf. Im geistlichen Sinn braucht jeder Gläubige, das er gestutzt wird, dass das Fleisch zurückgeschnitten wird. Das Ablegen des Alten und das Anziehen des Neuen. Der Weingärtner reinigt die Rebe, damit sie noch mehr Frucht bringt. Er schneidet das Schädliche ab. „Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit.“ 1. Joh. 1,9
Wollschafe müssen einmal im Jahr geschoren werden. Frisch geschorene Schafe sind sehr kälteempfindlich und müssen vor Kälte und Nässe geschützt werden. Gegen diese Pflegemaßnahmen wehren sie sich manchmal mit aller Kraft. Uns Menschen geht es da nicht anders. Auch wir sind oft leidensscheu. Wir wehren uns gegen Leiden. Wir decken uns mit Medikamenten ein. Wir schließen Kranken-, Pflege- und Zusatzversicherungen ab. Wir beantragen Kuren. Wir brechen die alten Scheunen ab und bauen größere, um auch gegen Hungersnöte abgesichert zu sein. Wir häufen wie die Schafe mit der Zeit immer mehr an. Doch der Hirte weiß, dass das auf Dauer nicht gut für uns ist. Leiden, geschoren werden, Bedrängnis gehören zum Reich Gottes dazu. Der Hirte, der seine Schafe liebt, wird seine Schafe scheren. Denn wenn er das nicht tut, dann wird die Wolle dem Schaf das Leben unerträglich machen. Die stetig wachsende Wolle ist der ideale Nährboden für Parasiten und Krankheitserreger und die Last der Wolle drückt auf das Schaf und versperrt mit der Zeit immer mehr die Sicht. Materialismus, Wohlstand, Bequemlichkeit macht uns im Glauben träge und versperrt zunehmend die geistliche Sicht. Deswegen nimmt der Hirte von Zeit zu Zeit das Schermesser und befreit uns von dem, was uns zu erdrückender Last wird.
3. Die Werkzeuge des Hirten
Ein Hirte hat in der Regel keinen Werkzeugkasten bei sich und er verlegt auch nicht eine Leitung um elektrische Werkzeuge zu benutzen. Ein Hirte kommt in der Regel mit einem einzigen Werkzeug aus. Seinem Stab. Der Stab ist in erster Linie ein Werkzeug, das dem Hirten bei verschiedenen Aufgaben nützlich ist. Ein Stab kann dem Hirten als zusätzliche Stütze beim Gehen und Klettern auf unebenem Gelände dienen. Er kann als Schutz vor wilden Tieren eingesetzt werden, um Raubtiere oder andere gefährliche Tiere fernzuhalten, die den Schafen schaden könnten. Der Stab bietet eine Hilfestellung beim Treiben der Tiere: Der Stab kann verwendet werden, um die Schafe in eine bestimmte Richtung zu treiben oder zu führen. Der Hirte kann auch den Stab verwenden, um Schafe zu zählen oder um kranke oder verletzte Tiere zu unterstützen. Widerspenstige Schafe werden mit dem Hirtenstab, einem Stecken oder den Hunden wieder zur Herde zurückgetrieben. Neugeborene Lämmer richtet er mit dem Stab wieder auf, damit sie nicht den Geruch seiner Hände annehmen und vom Muttertier verstoßen werden.
Der Stab dient also manchmal auch als eine Rute der Züchtigung, um ein widerspenstiges Schaf zur Herde zurückzutreiben. In Hebr. 12, heißt es ab Vers 4 über die Züchtigung Gottes:
„Ihr habt noch nicht bis aufs Blut widerstanden im Kampf gegen die Sünde und habt das Trostwort vergessen, das zu euch als zu Söhnen spricht: »Mein Sohn, achte nicht gering die Züchtigung des Herrn und verzage nicht, wenn du von ihm zurechtgewiesen wirst! Denn wen der Herr lieb hat, den züchtigt er, und er schlägt jeden Sohn, den er annimmt.«“
Beachten wir, dass der Schreiber das Wort „Trostwort“ verwendet, wenn er über Züchtigung spricht. In Psalm 23 sagt David über den guten Hirten: „Dein Stecken und dein Stab trösten mich.“
Worin liegt hier der Trost? Warum ist der Stab tröstlich? Der Trost besteht in der Tatsache, dass der Stab bzw. die Rute ein Ausdruck der Zugehörigkeit ist. Der himmlische Vater benutzt die Rute für seine eigenen Kinder und das aus Liebe. Wirst du vom Herrn gezüchtigt, dann behandelt er dich als sein Kind. Für den Augenblick der Züchtigung erscheint es uns kein Trost, kein Grund zur Freude zu sein. Aber hernach, wenn die Züchtigung vorbei ist, gibt sie eine friedsame Frucht der Gerechtigkeit, die man nicht mehr missen will.
Im weiteren Sinne benutzt ein Hirte auch noch ein anderes Werkzeug. Nämlich seinen Schäferhund. Schäferhunde treiben die Herde zusammen, lenken sie in die Richtung, die der Hirte mit seinem Stab vorgibt. Hunde machen den Schafen Beine, wenn sie nicht gehorchen wollen. Gott besitzt einige solcher Schäferhunde, um seine Herde zu lenken. Interessant ist in diesem Zuge die Aussage, die Martin Luther mal über den Teufel fällte. Er sagte, der Teufel ist „der Kettenhund Gottes“. Was meinte er damit? Er meinte, dass selbst der Teufel von Gott benutzt wird um seinen Willen zu verwirklichen. Aber auch, dass der Teufel stets angeleint ist. Im Leben von Hiob sehen wir, dass Gott die Aufmerksamkeit des Widersachers auf Hiob lenkt und ihm gewährt alles zu rauben und selbst die Gesundheit zu nehmen. Aber töten durfte er ihn nicht. Die Kette reichte nicht so weit. Sie reicht nur so weit, wie Gott es erlaubt.
In der Pilgerreise von John Bunyan muss Christ einmal an brüllenden Löwen vorbei. Und er bekommt es zunächst mit der Angst zu tun und einige, die vor ihm auf dem Weg waren sind umgekehrt und haben aus Angst vor den Löwen aufgegeben. Doch dann bemerkt er, das die Löwen angekettet sind. Wenn er sich ganz in der Mitte des Weges bewegt, können die Löwen ihm nichts anhaben, und er kann die nächste Station auf dem Weg zur goldenen Stadt erreichen. Die Löwen sorgen dafür, dass er weder zur Rechten noch zur Linken vom Weg abkommt und zwingen ihn gewissermaßen geradlinig auf das Ziel zuzugehen.
Manchmal gebraucht Gott verschiedene Werkzeuge. Manchmal andere Menschen, manchmal Umstände, manchmal schweres Leid und manchmal sogar den Feind, um seine Herde ans Ziel zu bringen.
Und dabei ist und bleibt er stets der gute Hirte, der seine zerstreuten Schafe sucht und sich ihrer annimmt.
»Ich selbst will meine Schafe weiden und sie lagern,« spricht GOTT, der Herr.
»Das Verlorene will ich suchen und das Verscheuchte zurückholen und das Verwundete verbinden; das Schwache will ich stärken; das Fette aber und das Starke will ich vertilgen; ich will sie weiden, wie es recht ist.«
» Hesekiel 34,15-16