Gottes versteckte Verheißung der Gnade in den Geschwüren Hiobs
Das ist eine seltsame Überschrift, nicht wahr? Aber ich will diese herrliche Wahrheit erklären, die ich darin gefunden habe.
Was war die Krankheit Hiobs?
„Da ging der Satan vom Angesicht des HERRN hinweg; und er plagte Hiob mit bösen Geschwüren von der Fußsohle bis zum Scheitel, sodass Hiob eine Scherbe nahm, um sich damit zu kratzen, während er mitten in der Asche saß.“ (Hiob 2,7-8)
Er war also von Kopf bis Fuß mit Geschwüren überseht. Wie wir aus dem 3. Buch Mose erfahren, steht der Aussatz für die Sünde des Menschen. Mit Aussatz wurde Mirjam bestraft, als sie sich gegen Moses Autorität auflehnte (4. Mose 12,10), oder denken wir an Gehasi, der Elisa hinterlistig anlog und mit Aussatz bestraft wurde (2. Kön 5,27). Vielleicht kann man das so beschreiben, das die Sünde durch den Aussatz für jedermann sichtbar gemacht wurde.* Mit Aussatz war man sozusagen lebendig tot. Der Körper starb langsam ab und der Aussätzige lebte in Grabhöhlen außerhalb der Stadt, abgeschnitten von jedem Leben. Der Lohn der Sünde ist der Tod.
In Jesaja 1,5-6 lesen wir Gottes Urteil über das abtrünnige Volk:
„Wohin soll man euch noch schlagen, da ihr doch den Abfall nur noch weiter treibt? Das ganze Haupt ist krank, und das ganze Herz ist kraftlos. Von der Fußsohle bis zum Scheitel ist nichts Unversehrtes an ihm, sondern klaffende Wunden und Striemen und frische Verletzungen, die nicht ausgedrückt, noch verbunden, noch mit Öl gelindert sind.“
Das klingt irgendwie nach Hiob, nicht wahr? C.H. Mackintosh schreibt zum Aussatz:
„Mein Leser! Sieh hier in dem armen, verlassenen Aussätzigen ein lebendiges Bild von jemand, in dem die Sünde wirkt. Das ist es in der Tat, was uns vor Augen gestellt werden soll. Es handelt sich hier nicht um einen hilflosen, schuldigen und überführten Sünder, dessen Schuld und Elend ans Licht getreten ist und der als solcher einen passenden Gegenstand für die Liebe Gottes und für das Blut Christi bildet. Nein, wir erblicken vielmehr in dem ausgeschlossenen Aussätzigen einen Menschen, in dem die Sünde noch in ihrer ganzen Kraft wirksam ist. Das ist es, was verunreinigt und von dem Genuss der Gegenwart Gottes und der Gemeinschaft der Heiligen ausschließt. Solange die Sünde wirkt, kann keine Gemeinschaft mit Gott oder mit seinem Volk stattfinden.“
Für einen Aussätzigen gab es keine Hoffnung auf Heilung und Wiedereingliederung in die Gesellschaft, bis Jesus auf diese Erde kam und viele Aussätzige heilte und reinigte, indem er ihnen ihre Sünden vergab.
Die Ausnahme
Aber es gibt eine Ausnahme, ein Paradox oder einen scheinbaren Widerspruch, über den wir in 3. Mose 13,12-13 stolpern:
„Wenn aber der Aussatz an der Haut ausbricht und der Aussatz bedeckt die ganze Haut des von der Aussatz-Plage Befallenen vom Kopf bis zu den Füßen, wohin auch die Augen des Priesters sehen, und der Priester sieht, dass der Aussatz sein ganzes Fleisch bedeckt, so soll er den von der Aussatz-Plage Befallenen für rein erklären, weil er ganz weiß geworden ist; dann ist er rein.“
Wie bitte? Wenn sich nur ein kleiner Fleck als Geschwür auf der Haut zeigen sollte, war dieser Mensch unrein. Damit war er von jeder Gemeinschaft mit anderen Menschen ausgeschlossen, auch von den Gottesdiensten und somit gab es kein Opfer mehr für seine Sünden. Er musste irgendwo außerhalb der Stadt auf seinen Tod warten. Komplett verhüllt musste er, sobald sich jemand gesundes ihm näherte, „Unrein! Unrein!“ schreien. Es war einfach schrecklich, abgesehen von den Schrecken der Krankheit, den Schmerzen, dem Gestank, dem langsam Absterben.
Und jetzt sollte einer, der von Kopf bis Fuß voll von Aussatz war als rein gelten? Einer, bei dem kein Zentimeter der Haut frei von Aussatz war, durfte wieder als volles Mitglied in die Gemeinschaft aufgenommen werden? Durfte ein ganz normales Leben führen, und sogar an den Gottesdiensten teilnehmen? Wie soll das gehen? Er durfte wieder ein Opfer für seine Sünden darbringen und wieder zu seiner Familie zurückkehren.
Die Gnade ist überströmend
„Erst dann, wenn das Übel seinen Höhepunkt erreicht hat, wenn es offensichtlich zum Vorschein gekommen und ganz und gar ausgebrochen ist, kann es durch die Gnade Gottes und durch das Blut des Lammes geheilt und weggetan werden. …
Wie lange dauerte diese schmerzliche Erfahrung? Bis die ganze Wahrheit ans Licht kam, bis alles, was im Innern wirkte, völlig an die Oberfläche trat. … Es ist aufschlussreich, das Tun des Herrn mit dem Aussätzigen zu beobachten, von dem Augenblick an, wo sich die ersten Merkmale des Übels auf der Haut zeigten, bis zu dem Zeitpunkt, wo die Krankheit den ganzen Menschen von seinem Kopf bis zu seinen Füßen bedeckte. … Wenn der Mensch vom Kopf bis zu den Füßen mit Aussatz bedeckt war, so wurde er für rein erklärt, d.h. er war dann ein geeigneter Gegenstand für die Gnade Gottes und das Blut der Versöhnung.
Ebenso verhält es sich mit dem Sünder. Gott ist „zu rein von Augen, um Böses zu sehen, und Mühsal vermag er nicht anzuschauen“ (Habakuk 1,13), und dennoch, sobald der Mensch seinen Platz einnimmt als ein verlorener und schuldiger Sünder, als jemand, in dem nichts ist, worauf das Auge einer grenzenlosen Heiligkeit mit Wohlgefallen ruht, ja der so schlecht ist, dass er unmöglich schlechter sein könnte – so ist die vollkommene göttliche Gnade da, um alles zu ordnen. Die Gnade Gottes beschäftigt sich mit Sündern, und wenn ich mich als Sünder erkenne, so erkenne ich mich da als einer, zu dessen Errettung Christus gekommen ist. Je klarer mich jemand überführen kann, dass ich ein Sünder bin, umso kräftiger begründet er mein Anrecht auf die Liebe Gottes und auf das Werk Christi. …
Gott erwartet von uns nicht, dass wir etwas Besonderes fühlen oder erfahren, sondern, dass wir seinem Wort glauben. Erst wenn der Aussätzige vom Kopf bis zu den Füßen mit Aussatz bedeckt war, hatte er den wahren Platz erreicht, auf dem die Gnade ihm begegnen konnte. Ja, „wo aber das Maß der Sünde voll geworden ist, da ist die Gnade überströmend geworden“ (Römer 5,20). Solange ich meine, dass noch irgendein Pünktchen an mir von jenem ekelhaften Übel frei ist, bin ich noch nicht mit mir zu Ende gekommen. Erst wenn mein wahrer Zustand vor meinen Augen völlig aufgedeckt ist, werde ich verstehen, was Errettung aus Gnaden bedeutet.“ (b)
Gott wollte Hiob seine Sünde offenbaren, indem er ihn von Kopf bis Fuß mit Geschwüren erkranken ließ. Er zeigte es ihm um sich über ihn zu erbarmen. Indem er die Krankheit so völlig ausbrechen ließ, verhieß Gott Hiob, dass er ihn in seiner Gnade reinigen werde, sobald er Gottes Urteil über sich anerkennen und Buße tun würde.
Zum Volk Israel sprach er folgende Verheißung aus, nachdem er ihnen aufzeigte, dass sie in Gottes Augen von Kopf bis Fuß mit Wunden übersät waren:
»Kommt doch, wir wollen miteinander rechten!«, spricht der HERR. »Wenn eure Sünden wie Scharlach sind, sollen sie weiß werden wie der Schnee; wenn sie rot sind wie Karmesin, sollen sie [weiß] wie Wolle werden.« (Jesaja 1,18)
Auch euch hat er auferweckt, die ihr tot wart in euren Vergehungen und Sünden,
in denen ihr einst wandeltet gemäß dem Zeitlauf dieser Welt,
gemäß dem Fürsten der Macht der Luft, des Geistes, der jetzt in den Söhnen des Ungehorsams wirkt.
Unter diesen hatten auch wir einst alle unseren Verkehr in den Begierden unseres Fleisches,
indem wir den Willen des Fleisches und der Gedanken taten und von Natur Kinder des Zorns waren wie auch die anderen.
Gott aber, der reich ist an Barmherzigkeit, hat um seiner vielen Liebe willen, womit er uns geliebt hat, auch uns,
die wir in den Vergehungen tot waren, mit dem Christus lebendig gemacht – durch Gnade seid ihr gerettet!
Epheser 2,1-5
* Paul Washer schreibt zur völligen Verderbtheit des Menschen am Beispiel des Aussatzes:
Die Heilige Schrift lehrt, dass der Mensch Böses vollbringt, weil Böses in ihm wohnt. Diese innewohnende Verderbtheit durchdringt und beeinflusst alle seine Gedanken, Worte und Taten. Die Wehklage des Propheten Jesaja veranschaulicht diese Wahrheit eindringlich: „Wir sind ja allesamt geworden wie Unreine und alle unsere Gerechtigkeit wie ein beflecktes Kleid. Wir sind alle verwelkt wie die Blätter, und unsere Sünden trugen uns fort wie der Wind“ (Jesaja 64,5). Es gibt viele Meinungen im Hinblick auf das, was Jesaja mit dem Ausdruck beflecktes Kleid meinte. Die meisten jedoch denken, dass er sich auf ein Kleidungsstück bezieht, das durch den Kontakt mit Toten, Blutfluss oder Aussatz zeremoniell unrein wurde. Wir werden uns mit dem letzten der drei auseinandersetzen.
Überall in der Geschichte wurde Aussatz für eine der schlimmsten Krankheiten gehalten. Daher bietet sie uns eine kraftvolle und anschauliche Illustration der Sünde. Aussatz zerstört den Körper solange, bis er fast nur noch ein Haufen Fäulnis und Gestank ist. Für genauso unerträglich ist es für den, der es mit ansehen muss.
Stellen wir uns im Licht dieser Information vor, dass der örtliche Club der Optimisten sich dafür entscheidet, einen armen Aussätzigen aufzunehmen und ihn salonfähig zu machen. Sie waschen ihn sehr sorgfältig und überdecken seinen Geruch mit den teuersten Parfüms. Schließlich kleiden sie ihn in ein ganz weißes Kleidungsstück aus feinster Seide und präsentieren ihn vor den Augen der Welt. Auch wenn ihre Bemühungen dem Aussätzigen einen vorübergehenden Nutzen bringen und ihm Applaus verschaffen, so wird die Fassade nicht lange brauchen, bis sie abfällt. Die Fäulnis von dem Körper des Menschen wird schnell den Stoff durchblutet haben. In nur wenigen Augenblicken werden der Mensch, die Kleidung und alles, was er berührt, verdorben und aussätzig sein.
Das Gleiche kann auch über den Menschen gesagt werden. Ungeachtet der religiösen und moralischen Reformen, die er sich selbst auferlegt haben mag, bleibt er im Innern derselbe. Jesus beschreibt ihn als einen Becher, der äußerlich rein, aber innerlich voller Schmutz ist; getünchte Gräber voller Totengebeine (s. Matthäus 23,25-28). Wie bei dem Aussätzigen, dessen Verdorbenheit durch seine Kleidung durchblutet und sie genauso widerlich macht, wie er selbst ist, so ist auch die Verdorbenheit des menschlichen Herzens, denn sie durchblutet alle seine Gedanken, Worte, Taten und macht ihn unrein. Aus diesem Grund ist der nicht wiedergeborene Mensch nicht in der Lage, durch seine Werke oder Verdienste vor Gott gerecht zu sein. Das Beste von allem, das er tut, ist er vor Gott wie ein beflecktes und abscheuliches Kleidungsstück! …
Wenn der Mensch vollkommen verderbt ist, dann kann nur Gottes übernatürliche Kraft das Herz und das Verständnis öffnen, Buße geben und Glauben schenken, der zur Erlösung führt.(c)
(a) C.H. Mackintosh in „Die fünf Bücher Mose, S. 586, CSV Verlag
(b) C.H. Mackintosh in „Die fünf Bücher Mose, S. 586ff., CSV Verlag
(c) Paul Washer in „Die Kraft der Evangeliumsbotschaft“, S. 194, 3L Verlag