Die Freude, welche überwindet

Ein Ausschnitt aus dem Buch "Leben voller Freude" von Matthew Henry

Die Glaubensväter haben die Freude der Frömmigkeit für ausreichend befunden, um die Schmerzen und die Not der Sinne zu überwinden, ihnen den Stachel herauszuziehen und ihnen den Schrecken zu nehmen.

Dies ist ein deutlicher Beweis für die Vortrefflichkeit der geistlichen Freuden, dafür, dass fromme Überzeugungen schnell sinnliche Genüsse besiegen und sie ganz auszulöschen vermögen, so dass sie wie Lieder für ein trauriges Herz werden, denn „wer… kann einen niedergeschlagenen Geist aufrichten?“ (Sprüche 18,14). Es ist jedoch oft so gewesen, dass körperliche Schmerzen geistliche Freude nicht zu betäuben vermochten, sondern diese größer war und schwerer wog als der Schmerz. Freude im Geist hat bei vielen die Mühsal im Fleisch sehr vermindert.

Weil die Freude, die heilige Seelen in Gott finden, nicht durch sinnliche Freuden unterstützt zu werden braucht, läuft sie nicht Gefahr, durch sinnliche Beschwerden unterdrückt zu werden. Sie können sich in dem Herrn freuen und in ihm als dem Gott ihres Heils frohlocken, sogar dann, wenn „der Feigenbaum nicht ausschlagen und der Weinstock keinen Ertrag geben (wird)“ (Habakuk 3,17-18), denn selbst dann, wenn sie in der Welt Drangsal haben, hat Christus dafür gesorgt, dass sie in ihm Erfüllung finden würden.

Hierzu dürfen wir uns auf die Märtyrer und die anderen für den Namen Christi Leidenden berufen. Wie haben ihre geistlichen Freuden ihre Bande für Christus leicht und ihre Kerker zu köstlichen Obstgärten gemacht, wie einer der Märtyrer sein Gefängnis nannte. Von diesen Tröstungen beseelt, haben sie nicht nur geduldig, sondern mit Freuden den Raub ihrer Güter hingenommen (s. Hebräer 10,34)… Frage Paulus und er wird dir sagen: „Ich bin mit Trost erfüllt, ich fließe über von Freude bei all unserer Bedrängnis. Denn als wir nach Mazedonien kamen, hatte unser Fleisch keine Ruhe, sondern wir wurden auf alle Art bedrängt, von außen Kämpfe, von innen Ängste. Aber Gott, der die Geringen tröstet, er tröstete uns“ (2. Korinther 7,4-6). Selbst als sein Leiden für Christus sich verschlimmerte, nahm sein Trost im gleichen Maße zu (2. Korinther 1,5). Und obwohl er nichts anderes als ein blutiges Ende seiner Laufbahn erwartete, zweifelte er doch nicht daran, seinen Lauf mit Freude zu vollenden. Ja, wir dürfen uns zum Beweis dafür auf die Krankenbetten und Sterbebetten vieler tugendhafter Christen berufen. Als ihnen Nächte der Mühsal bereitet waren, waren Gottes Satzungen ihre Gesänge, ihre Psalmen in der Nacht (s. Psalm 119,54). „Ich habe Schmerzen“, sagte einer, „aber ich lobe Gott, dass ich Frieden habe“; „schwach und sterbend bin ich“, sagte ein anderer, „aber ich habe genug Licht, genug Trost in mir.“

Die Freuden der Sinne verlassen uns dann, wenn wir sie am meisten als Trost nötig haben. Ein Mann wird „(ge-)züchtigt… mit Schmerzen auf seinem Lager, ja, … sein Gebein sehr hart (gestraft), dass ihm das Brot zum Ekel wird, und seiner Seele die Lieblingsspeise“ (Hiob 33,19-20), und er kann sie nicht genießen. Doch dann haben das Brot des Lebens und die geistlichen Lieblingsspeisen den süßesten Geschmack von allen an sich. Viele Menschen im Volk Gottes haben es so erfahren: „Das ist mein Trost in meinem Elend, dass dein Wort mich belebt“ (Psalm 119,50). Dies hat ihnen in ihrer Krankheit ihr ganzes Lager verändert und es leicht gemacht.

Die Freude der Wege der Weisheit ist manchmal auf bemerkenswerte Weise durch die Freuden und Triumph sterbender Christen bestätigt worden, wenn sie über jene göttliche Gnade nachdachten, die sie so angenehm durch dieses Leben getragen hat und sie noch angenehmer aus dieser Welt in eine bessere trägt. „Was ist das Licht, das ich sehe?“, sagte einst ein vortrefflicher Theologe auf seinem Sterbebett. „Es ist der Sonnenschein“, erwiderte jemand, der in der Nähe stand. „Nein“, antwortete er, „es ist der Glanz meines Heilands. Oh, die Freuden, oh die Tröstungen, die ich fühle! Ob im Leibe oder außer dem Leibe, kann ich nicht sagen. Aber ich sehe und fühle Dinge, die unaussprechlich und voller Herrlichkeit sind. Oh, möge es bei meiner Beerdigung gepredigt werden, und erzählt es, wenn ich verstorben und von hier geschieden bin, dass Gott einen vertrauten Umgang mit dem Menschen hat! Ich bin mit so viel Trost erfüllt, wie mein Herz nur fassen kann.“